Rittergut Großmilkau

Kurzinfo

Geländes des
ehemaligen
Rittergutes
Großmilkau.

Am 26. Juni 1800
vollständig
abgebrannt und
nicht wieder aufgebaut.

Detailinformationen

Bereits im Jahre 1233 wurde ein Caesarius de Milcowe in der Stiftungsurkunde von Klostergeringswalde erwähnt. Ob er Besitzer des Rittergutes Großmilkau war, ist nicht überliefert. Im Jahre 1302 tritt Friscone de Milcowe in einer Kaufsache als Zeuge auf.

Bis zum großen Brand am 26.06.1800 befand sich das Gut in Besitz der Adelsfamilie von Milckau. Der Senior dieser Familie übte auch das Kollaturrecht über die Kirche zu Großmilkau aus.

Letzter Besitzer des Gutes war Friedrich Wilhelm Nikolaus von Milckau, welcher 1801 verstarb. Nach der Feuersbrunst, die das gesamte Rittergut und das halbe Dorf in Asche legte, wurden die Ländereien an Carl Christoph von Arnim verkauft. Das Gut selbst wurde nicht wieder aufgebaut.

Wikipedia-Artikel zum Adelsgeschlecht:
https://de.wikipedia.org/wiki/Milkau_(Adelsgeschlecht)

Urkunde mit der Ersterwähnung - Unterstreichung des Namens von Cesari de Milcowe Quelle: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, 30570 Urkunden der Hauptlinie Glauchau, Nr. 1
Stammwappen des Adelsgeschlechts VON MILKAU/ MILCKAU nach "Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexicon", herausgegeben von Prof. Dr. Ernst Heinrich Kneschke, Verlag von Friedrich Voigt, Leipzig, 1864, 5. Band doppelt geschweifter, gekrönter schwarzer Löwe auf Gold, welcher in beiden Vorderpranken einen abwärts gekehrten, roten Stab schräg rechts hält

Die Feuersbrunst in Großmilkau im Jahre 1800

Manche haben sicher schon von dem großen Brand gehört, welcher am 26. Juni 1800 in Großmilkau das gesamte Rittergut vernichtete. Nicht so viele wissen, dass dabei auch mehrere Bauerngüter und Häuser ein Opfer der übergreifenden Flammen wurden. Im Staatsarchiv Leipzig existiert eine über 100 Seiten starke Akte, die uns heute Einblicke in das Drama von damals gewährt.

Herr Hauptmann Friedrich Wilhelm Nicolaus von Milckau, damaliger Besitzer des Rittergutes Großmilkau beschrieb das Ereignis am folgenden Tage so:

Großmilkau mit Rittergut an der Nordseite des Friedhofs im Jahre 1799 Quelle: Ausschnitt aus Sächsischem Meilenblatt (Berliner Exemplar) (Quelle: Blatt Nr. 121 Aufn.-Nr. df dk 0002121 SLUB Dresden, Deutsche Fotothek)

„Gestern nachmittags bald nach 1 Uhr sey auf dem Ritterguthshofe von dem hiesigen Häusler und Schmied Daniel Graulen Feuer! gerufen worden, und habe auch sogleich die Scheune, Ställe sammt der Ritterguths-Wohnung in völligem Feuer gestanden.

In einer Zeit von acht bis zehn Minuten habe sich die Flamme wegen des gewesenen heftigen Windes sogleich über sämmtliche vorstehend angegebene Wohnungen verbreitet, und habe er, nebst seiner Familie und Gesinde außer einem Coffre [=Truhe] gar nichts gerettet.

Das nämliche Schicksal hätten auch die übrigen Abgebrannten gehabt, indem sie nicht nur ihre Gebäude sondern auch die sämmtlichen Habseligkeiten verloren hätten…“

Durch den von Südwesten nach Nordosten wehenden Wind wurde das Feuer durch das Dorf getragen. So verloren außer dem Rittergutsbesitzer folgende Einwohner von Großmilkau ihre Bleibe:     

  • Johann Gottlieb Schalicht (Schänkengut)
  • Johanna Elisabeth Benedix (Häusler)
  • Friedrich Nitzsche (Häusler)
  • Johann Gottfried Naumann (Halbhufengut)
  • Samuel Arnold (Häusler)
  • Christlieb Hoyer (Einviertelhufengut)
  • Johann Christian Rönitz (Ganzhufengut)
  • Johann Christian Fichtner (Einviertelhufengut)
  • Christiane Charlotte von Milckau (Häusler)

In der Dorf-Feuer-Ordnung von 1775 hatte Herzog Friedrich August von Sachsen Bestimmungen erlassen, die der Brandverhütung und der Brandbekämpfung dienen sollten:

„Ihrer Chur-Fürstl. Durchl. zu Sachsen u. u. Mandat die auf denen Dörfern zu beobachtende Feuer-Ordnung betreffend. Ergangen de Dato Dresden den 18ten Februarii, 1775.“ Nachdruck vom Staatsverlag der DDR 1987

So hatte in jedem Gut oder Haus eine hölzerne Handspritze, eine Laterne und ein Ledereimer sowie zwei stets mit Wasser gefüllte Fässer vorhanden zu sein. In größeren Dörfern sollten eine große Feuerspritze mit anzuschraubenden Schläuchen und Sturmfässer, wenn nicht schon vorhanden, auf gemeinschaftliche Kosten angeschafft werden. Schwache und voneinander nicht weit entfernt liegende Gemeinden konnten sich auch große Feuergeräte gemeinsam anschaffen. Verantwortungsbewusste und jüngere Männer wurden zu Spritzenmeistern ernannt. Sie sollten die kommunale Feuerspritze bei der Brandbekämpfung führen sowie für deren ständige Funktionstüchtigkeit verantwortlich sein.

Obwohl sich die Flammen von der Großmilkauer Rittergutsscheune ausgehend in sprichwörtlicher „Windeseile“ über das Dorf ausbreiteten, wurde alles Erdenkliche getan, dem Feuer Einhalt zu gebieten. Das Löschen gestaltete sich jedoch schwierig. Die Gebäude waren zum Großteil in Fachwerkbauweise errichtet worden, die Dächer mit Stroh oder Holzschindeln gedeckt. Häuser und Scheunen standen oft dicht beieinander, was die Ausbreitung des Brandes begünstigte.

Bespannte hölzerne Handdruckspritze 1785 (Aquarell von Lutz Lüders)

Dank der herbeigeeilten Helfer konnte ein Übergreifen des Feuers auf die Kirche verhindert werden. Dennoch sind aufgrund der entstandenen großen Hitze auf der Kirchenseite, welche dem Rittergut zugewandt war, Fensterrahmen verbrannt und Glasscheiben zersprungen. Auch war die mit Blech beschlagene Turmhaube auf der einen Seite schwarz angelaufen.

Belegt ist der Einsatz von Helfern aus folgenden Städten und Dörfern:

Geringswalde, Zetteritz, Pürsten, Kolkau, Topfseifersdorf, Crossen, Wiederau, Königshain, Königsfeld, Schönfeld, Gepülzig, Naundorf, Zschoppelshain, Wechselburg, Rochlitz, Gröbschütz, Kleinmilkau und natürlich Großmilkau

Sicher kamen auch aus anderen Orten Menschen zu Hilfe. Aufgelistet sind hier vor allem die, deren Feuergeräte beim Löscheinsatz Schaden erlitten und dies der für die Regulierung der Brandschäden zuständigen Kommission meldeten. So wurden insgesamt Reparaturen an 10 Feuerspritzen sowie 4 Sturmfässern notwendig. 49 Feuereimer wurden repariert oder neu angeschafft.

Nachdem der Brand unter Kontrolle war, verblieben die Kleinmilkauer und die Zetteritzer Spritze vorsichtshalber noch drei Tage vor Ort. Zudem organisierte der Großmilkauer Dorfrichter Johann Jacob Römer für den Zeitraum einer Woche Tag- und Nachtwachen.

Unter anfänglichem Verdacht der Brandstiftung stand der Schmiedemeister Daniel Graul, welcher auf dem Untergraben wohnte. Seine Aussage ist in der vorhandenen Akte zu lesen:

„Er sey gestern als Handfrohner auf hiesigem Ritterguth gewesen und habe sich in der Mittagsstunde aus Müdigkeit in die hiesige Ritterguths-Scheune gelegt. Hier sey er eingeschlafen gewesen und durch ein Geknister aufgeweckt worden. Mit Schrecken habe er eine Feuerflamme… auflodern sehen, da er dann sogleich FEUER gerufen habe, auch sey er in dem nämlichen Augenblicke in den Kuhstall gelaufen, habe das Rindvieh loß gebunden und solches nebst den Mägden aus dem Stalle gejagt. Jedoch hätten zwey Kälber nebst einer Kuh, weil die Gluth allzu geschwind überhand genommen, nicht heraus gebracht werden können. Nach den Schaafen hätte niemand laufen können, weil der Schaafstall unter der Scheune, wo das Feuer zu brennen angefangen, befindlich, mithin da keine Rettung möglich gewesen.“

Der Grabenschmied Graul hatte bisher als ehrlicher und anständiger Mann gegolten. Zudem versicherte er während der Befragung, in der Scheune keinen Tabak geraucht zu haben.

Die Rettung aller auf dem Rittergutshof befindlichen Personen, zu denen auch die Geschwister Friedrich Wilhelm Nikolaus von Milckau, Carl Christoph von Milckau sowie Christiane Charlotte von Milckau (alle drei bereits im Greisenalter) zählten, trug möglicherweise ebenfalls dazu bei, dass der Schmied nicht länger der Brandstiftung verdächtigt wurde.

Wie muss Großmilkau nach dem Brand ausgesehen haben? Das halbe Dorf war vernichtet.

Brandstellen in Großmilkau (Quelle: Ausschnitt aus Sächsischem Meilenblatt (Berliner Exemplar) Blatt Nr. 121 Aufn.-Nr. df dk 0002121 SLUB Dresden, Deutsche Fotothek)

Bei Bauer Johann Christian Rönitz war das Leid besonders groß, denn er sah 7 Jahre zuvor, am 23. Februar 1793, zusammen mit vier anderen Bauerngutsbesitzern, welche diesmal verschont geblieben sind, seinen Hof schon einmal abbrennen. Nun waren seine neu errichteten Gebäude wieder ein Raub der Flammen geworden.

Aufgrund der bestehenden Brandversicherung wurden jedoch alle von der Katastrophe Betroffenen entschädigt und konnten somit ihre Häuser wieder aufbauen. Einzig und allein das Rittergut wurde trotz einer Entschädigungszahlung in Höhe von 1.775 Reichstalern nicht wieder aufgebaut. Woran lag es? Die Antwort werden uns die alten Unterlagen schuldig bleiben. Jedenfalls lastete auf dem Grundstück eine Hypothek aus dem Jahre 1778, die fast doppelt so hoch war, wie die Entschädigung. Der Wiederaufbau des herrschaftlichen Sitzes war laut Akte eigentlich für das Frühjahr 1801 vorgesehen war. Der Erb-, Lehn- und Gerichtsherr Friedrich Wilhelm Nikolaus von Milckau hatte zwischenzeitlich ein Unterkommen auf dem Kleinmilkauer Rittergut gefunden, wo er jedoch am 26. Januar 1801 im Alter von 78 Jahren verstarb.

Textquellen:

Sächsisches Staatsarchiv Bestand 20403 Patrimonialgericht Großmilkau, Akte 96

Sächsisches Staatsarchiv Leipzig, Bestand 20403, Akten Nr. 5 und 96

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