Schule Naundorf

Kurzinfo

Das Schild befindet sich direkt am ehemaligen Schulhaus. Der Text lautet:

Ehemaliges Schulhaus Naundorf
Schulbetrieb von 1889 bis 1959
Wirkungsstätte des Oberlehrers
und Heimatforschers
Richard Schrader

Detailinformationen

Die Naundorfer Schule

Der weite Schulweg nach Großmilkau veranlasste die Naundorfer Gemeindeverwaltung 1888 den Gedanken der Erbauung einer Schule näher zu treten. Nachdem seitens des sächsischen Kultusministeriums die Genehmigung zu dem Plan erteilt wurde, bildete sich am 10. Juni 1888 der Schulvorstand, als dessen Vorstand Pfarrer Mickel, Großmilkau, gewählt wurde.

Der Altbauer und Gutsauszügler Karl Mehnert, Naundorf, schenkte das erforderliche Gründstück. Der Schulvorstand ehrte den Spender durch eine Gedenktafel, die rechts vom Eingang angebracht wurde. Am 04. August erfolgte die erforderliche Grundsteinlegung. Das Ministerium gewährte eine großzügige Beihilfe, alle weiteren Kosten trug die neue Schulgemeinde Naundorf.

Am 30. März 1889 – dem Todestage von Bauer Karl Mehnert – wurde der Bau übergeben, am 30. April erfolgte die Weihe der Selben und die Einweisung des 1. Lehrers Otto Müller, der vorher in Rossau amtierte. Das Ministerium gewährte für die ersten 5 Jahre eine jährliche Beihilfe. Die Großmilkauer Schule wurde nun entlastet da Naundorfer, Gepülziger und Neugepülziger Kinder ihre „eigene“ Schule besuchen konnten.

Ansichtskarte von 1912 (von Schraders selbst geschrieben)
Schulgebäude im Jahr 1910 (Quelle Fam. R. Bolczek, Freiberg)

Lehrer Otto Müller starb 1891. Von 1893-1900 wirkte in der Schule Arno Weißflog, der am 01. Januar 1901 sein Amt als Kirchschullehrer und Kantor in Altgeringswalde begann und dort bis ins hohe Alter lehrte.

Seit 1903 war Richard Schrader im Amt. 1910 saßen 72 Kinder aller Schuljahre in seiner Schule.

Ihm folgte Lehrer Alfred Müller, dessen Frau Gertrud aus dem Bauernhof Winkler, Thalheim, stammte. Nach seiner Heimkehr aus dem Krieg durfte er nicht unterrichten, da er Mitglied der NSDAP war. Um mit seiner Familie leben zu können, arbeitete er als Maurer auf dem Bau, was ihm natürlich ungewohnt war und schwer fiel.

Später wurden die praxiserfahrenen „Altlehrer“ in den Schuldienst zurückgebeten.

In dem Naundorfer Schulgebäude wurde ein zweites Klassenzimmer eingerichtet. Später hörte der Unterricht hier auf, alle Kinder gingen in die Zetteritzer Schule. Im kleineren Klassenzimmer wurde das Naundorfer Gemeindeamt etabliert und bis zur Eingemeindung nach Milkau im Januar 1963 genutzt. Danach dienten die Klassenräume der benachbarten MTS (Maschinen-Traktoren-Station) als Schulungsräume für die Fahrschulausbildung.

Ein Nebengebäude auf dem Schulgrundstück diente der Freiwilligen Feuerwehr Naundorf ab 1947 bis 2001 als Gerätehaus. 

Klasse von 1917
Vor der Naundorfer Schule, um 1935
vor der Naundorfer Schule, um 1930

Die Lehrerfamilien Hugo Baraniak und später Gert Drescher bewohnten die Lehrerwohnungen im oberen Stockwerk.

Heute sind Gebäude und Grundstück in Privatbesitz von Familie Kreher.

Gerätehaus der FFw Naundorf an der ehemaligen Schule im Jahr 2001 beim Umzug in die Behelfsunterkunft in der Firma Bauunternehmung Jung GmbH
Ehemalige Schule Naundorf, ca. 2008

Wer war Richard Schrader?

Am 14. Januar 1880 wurde Richard Schrader in Leipzig als 4. Kind des Fleischermeisters Otto Schrader geboren, der jedoch schon im nächsten Jahr an Typhus starb. Seine Mutter Therese, geb. Busch, heiratet dann den Fleischermeister Petzold, der für die 4 kleinen Schrader-Kinder wie ein Vater sorgte.

 1886 kam Richard Schrader in Leipzig zur Schule, zunächst auf die Bürgerschule, 

1892 dann auf die städtische Realschule. Um Lehrer zu werden, bezog er

 1894 das Seminar in Grimma, das 1895 nach Rochlitz verlegt wurde.

Als 1900 seine Ausbildung abgeschlossen war, erfolgte sofort seine Anstellung als Hilfslehrer in dem kleinen Ort Dittersbach bei Chemnitz.

Hier wirkte er 3 Jahre und lernte seine spätere Frau Martha Bischoff kennen.

Richard Schrader und Ehefrau Johanna Martha geb. Bischoff, um 1910
Familie Schrader, um 1922

Auf Grund seiner Bewährung wurde Richard Schrader 1903 als ständiger Lehrer in Naundorf angestellt. Hier wurden dem Paar in den Jahren 1904 bis 1910 sechs Kinder geboren, 2 Söhne und 4 Töchter, die alle zur Freude der Eltern heranwuchsen.

Als sehr heimatgeschichtlich interessierter Wissenschaftler gab er 1910 die gedruckte Geschichte der Kirchgemeinden Großmilkau und Crossen sowie Zetteritz heraus.

In den Jahren 1917/1918 wurde Richard Schrader zum Landsturm eingezogen und im Jahre 1931 beförderte man ihn zum Oberlehrer. Da er sich auf Grund seiner Hingabe für den Schulbetrieb und seiner Studien für die Heimat und den eigenen Familienverband von jeglicher Parteipolitik fern hielt und er auch nach 1933 nicht in die NSDAP eintrat, wurde er im Jahre 1936 vorzeitig – erst 56 Jahre alt – nach 33 jähriger Tätigkeit in Naundorf pensioniert.

Nun erfüllte sich sein Herzenswunsch. Er zog zurück in die Heimat seines Stammes, in das kleine Städtchen Hornburg am Nordrand des Harzes, aus dem seine Vorfahren einst vor 200 Jahren nach Sachsen abgewandert waren. Nun konnte er sich in Ruhe in einem gesonderten Zimmer, das sein umfangreiches Archiv und seinen Arbeitsplatz aufnahm, mit ganzer Kraft seiner Lieblingsbeschäftigung und dem Familienverbande widmen. Und 11 Jahre erfolgreichen Schaffens waren ihm dort noch beschieden.

Nach 1945 verschlechterte sich sein sonst so guter Gesundheitszustand infolge der immer schlechteren Ernährungslage. Eine heimtückische Lungentuberkulose machte seinem unterernährten Körper ein schnelles Ende.1947 ist Richard Schrader – nur 67 Jahre alt – sanft und ruhig in Hornburg am Nordrand des Harzes, Heimat seines Stammes, gestorben.

Deckblatt von "Unsere Heimat"