Das Chausseehaus in Neugepülzig
Detailinformationen
Infolge der raschen Zunahme des Personen- und Frachtverkehrs am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts, begann man, vorhandene Wege und Straßen zu chaussieren, d.h., mit Packlager zu versehen.
Die Verbindungsstraße von Rochlitz nach Mittweida, bis dahin eher ein Feldweg, wurde ab 1835 chaussiert. Um die hohen Kosten für den Bau und die notwendige Instanthaltung zu minimieren, erhob man für die Benutzung eine „Akzise“ (Wegegeld oder heute sagen wir Maut). Eigens für die Familien des „Herrn Einnehmers“ und des Wegewärters, der für die Instandhaltung eines begrenzten Abschnittes der Chaussee zuständig war, wurden „Chausseehäuser“ gebaut.
Im Jahre 1842 wurde solch ein Chaussee- oder auch Einnehmerhaus an der Kreuzung der Straßen Rochlitz – Mittweida, Geringswalde – Wechselburg errichtet, um auch hier am Schlagbaum „Akzise“ zu kassieren.
Der im Grundstück vorhandene Brunnen hatte aber offenbar so wenig Wasser, das Trinkwasser aus der benachbarten Winterschenke geholt werden musste.
Wie ein Protokoll von 1857 zeigt, ließ sich das der damalige Besitzer des Gasthofes, Christian Gottlob Köhler, bezahlen (siehe unten).
Diese Zeit der Schlagbäume sollte nicht lange dauern. Mit der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 verschwanden diese Verkehrshindernisse. In Neugepülzig wurde bereits 1868 der Schlagbaum entfernt.
Im Zuge der grundlegenden Sanierung der Hauptstraße S250 blockierte man im Jahre 1996 durch bauliche Maßnahmen die Straße in Richtung Wechselburg, um die gefährliche Kreuzung zu „entschärfen“.
Es folgen einige Auszüge vom:

Es folgen noch weitere Bestimmungen für verschiedene Tiere, Zusatzbestimmungen und natürlich auch Befreiungen. So brauchten z. Bsp.die Mitglieder des Regentenhauses, Staatsbeamte, Eilposten und das Militär nichts zu zahlen. Aber auch Feuerlöschungs-Fuhren, Arrestantenfuhren und Düngerfuhren waren befreit. Schließlich gibt es noch 20 Punkte Strafbestimmungen.
Für die Trinkwasserversorgung der Bewohner des Chausseehauses aus dem Brunnen der Winterschänke wurde folgender Vertrag abgeschlossen:
Cop. Vid.
Regs.
Chausseehaus zu Gepülzig, den 12ten
August 1857
Um den von den hiesigen Chausseegeldeinnehmern
hinsichtlich des gänzlichen Mangels an Wasser und
namentlich des genießbaren Trinkwassers seit
mehreren Jahren geführten und von dem der-
maligen Chausseegeldeinnehmer Karnahl unterm
25. Oktober vorigen Jahres wiederholten Be-
schwerden in Folge der Verordnung des königli-
chen Finanz Ministerium vom 25ten Oktober
1849 No. 1430 Strsb. Regs. mögliche Abhülfe
zu verschaffen, begab sich heute Vormittags
der Herr Obersteuer Inspector Jacobi,
zugleich in vicibus des Amtshaupt-
mannschafts Verwesers Herrn Regierungs-
rathes von Einsiedel zu Rochlitz,
nebst
dem unterzeichneten Hauptsteueramts-
Actuar Friedrich Wilhelm Luderer,
anher nach Gepülzig, um mit dem Besitzer des
Gasthofs zum rothen Hirsch /: vulgo die Winter-
schänke genannt :/
Christian Gottlob Köhler,
wegen Ablassung des Wasserbedarfs für die
Bewohner des hiesigen Chausseehauses ein Abkom-
men zu vermitteln.
Der Gastwirt Köhler war anfänglich nicht
geneigt, den Bewohnern des hiesigen Chaussee-
hauses fernerhin noch Wasser verabfolgen zu
lassen; derselbe ließ sich jedoch nach mehrfa-
chem Verhandeln hierzu bloß unter der Beding-
ung bewegen, wenn er vom Jahr 1857 anhe-
bend einen jährlichen Wasserzins von jährlich
Zwei Thalern
ausgezahlt erhalte, wogegen er sich für die
Vergangenheit mit dem billigen Aversional-
quantum von
Fünf Thalern
begnügen wolle.
Da andere billigere Bedingungen nicht zu
ermöglichen waren, so ist hierauf zwischen
dem Herrn Obersteuerinspector
Johann Adolph Jacobi zu Grim-
ma, zugleich in vicibus des Amts-
hauptmannschaftsverwesers Herrn
Regierungsrathes Curt von Ein-
siedel zu Rochlitz,
Namens des Königlichen Staats-
Fiscus, an einem, und
dem Gasthofsbesitzer Herrn Christian
Gottlob Köhler zu Gepülzig,
am andern Theile,
und zwar für den letzteren sofort verbindlich
übrigens aber bis auf hohe Genehmigung, fol-
gender Contract abgeschlossen worden:
- der Gasthofsbesitzer Herr Christian Gottlob
Köhler gestattet den Bewohnern des fiscalischen
Chausseehauses zu Gepülzig die Erholung des
sämmtlichen benöthigten Wasserbedarfs aus dem
in seinem Gehöfte befindlichen Brunnens gegen
Abentrichtung eines jährlichen Wasserzinses von
Zwei Thalern
zunächst auf einen Zeitraum von fünf Jahren,
bedingt sich hierbei aber noch ausdrücklich, daß,
wenn er von Gepülzig sich wegwende uns sein
Gasthof in andere Hände käme und sein Nach-
folger im Besitze gegenwärtigen Contract
nicht fortsetzen wolle, dieser gegen eine von ihm
selbst oder seinem Nachfolger zu bewirkende
einvierteljährige Kündigung welche er demselben
zur Pflicht machen werde für aufgehoben betrach-
tet werden solle.
2.
dagegen wird Seiten der königlichen Commis-
sarien für den Staatsfiscus der Vorbehalt ge-
macht, daß, wenn sich in dem beim Chaussehau-
se befindlichen Brunnen brauchbares Wasser finden
oder herbeigeführt werden sollte, der Contract
nach erfolgter einvierteljähriger Kündigung
erloschen seyn soll.
3.
der unter Nr. 1. stigulierte Wasserzoll von Zwei
Thalern jährlich hebt vom laufenden Jahr
1857 an und ist dem Gastwirt Herrn Köhler
gegen dessen Quittung am Schlusse jeden Jahres
aus dem Chausseegeldeinkommen zu Gepül-
zig zu bezahlen.
4.
Da der Wasserbedarf für die Bewohner des
Chausseehauses zu Gepülzig schon seit einer
Reihe von Jahren in dem Brunnen der Winter-
schenke entnommen worden und dafür deren Be-
sitzer eine Entschädigung nicht gewährt worden
ist, so soll Herrn Köhler für diese Vergangenheit
ein Aversionalquantum von
Fünf Thalern
gegen Quittung ebenfalls aus dem Einkommen
der Einnahme zu Gepülzig gewährt werden.
Beide Theile sind mit diesem Contracte wohl
einig und zufrieden, entsagen allen dagegen etwa
zu machenden Ausflüchten, als der Ueberredung
der anders verhandelten als niedergeschriebenen
Sache, der Verletzung über oder unter die Hälfte
und wie sie sonst Namen haben mögen, hiermit
ausdrücklich.
Hierüber ist dieses Protokoll aufgenommen,
deutlich und wörtlich vorgelesen, genehmigt
und von den Contrahenten unterzeichnet, auch
Herrn Köhler eine beglaubigte Abschrift des
gegenwärtig niedergeschriebenen Cotracts,
nach eingegangener hoher Genehmigung des-
selben zugesichert worden.
So geschehen wie oben bemerkt.