Gemeindehaus Sachsendorf
Kurzinfo
Ehemaliges Gemeindehaus von Sachsendorf
Der Bau des 1891 errichteten Gebäudes wurde von der Gemeinde finanziert. In den ersten Jahrzehnten lebten in zwei Wohnungen vorwiegend Gemeindediener. Während der DDR-Zeit befand sich hier eine Konsum-Verkaufsstelle und nach der Wende bis Ende 1993 das Gemeindeamt.
Detailinformationen
Im Gemeindeprotokollbuch von Sachsendorf findet man 1860 den Eintrag, dass der „alte Nachtwächter Graubner“ wegen Altersschwäche seine Arbeit nicht länger verrichten könne. Es wurde deshalb Johann Friedrich Meding zum Nachfolger ernannt. Die Dienstzeit lag im Winterhalbjahr zwischen 10 Uhr abends und 4 Uhr morgens, im Sommerhalbjahr von 11 Uhr bis 3 Uhr in der Nacht.
Zu Beginn des Jahres 1891 beschlossen die Gemeinden Sachsendorf und Theesdorf die Anstellung eines gemeinschaftlichen Nachtwächters. Beide Gemeinden sollten je die Hälfte seines Gehaltes übernehmen. Es betrug 200 Mark, wovon 30 Mark für seine Unterbringung im neu zu erbauenden Gemeindehaus von Sachsendorf angedacht waren.
Im Frühjahr 1891 begann der Gemeindevorstand mit der Planung des Gebäudeneubaus. Zimmerermeister Lindner aus Hermsdorf wurde beauftragt, eine Zeichnung und einen Kostenvoranschlag anzufertigen. Im April gründete die Gemeinde einen Bauausschuss, der die Bauarbeiten koordinieren und überwachen sollte. In diesen Bauausschuss wurden gewählt:
- Julius Hartmann (Begüterter)
- Emil Rößner (Begüterter)
- Wilhelm Naumann (Hausbesitzer)
- Robert Arnold (Gartengutsbesitzer)
- Ernst Reinhardt (Mühlenbesitzer)
- Eduard Gleisberg (Unansässiger)
Am 18. April 1891 richtete die Gemeinde Sachsendorf ein Baugenehmigungsgesuch zur „Erbauung eines Gemeindehauses“ an die Königliche Amtshauptmannschaft in Rochlitz. Die Behörde genehmigte das Vorhaben am 11. Mai 1891.
Mit den Bauarbeiten wurden beautragt:
- Maurerarbeiten: Herr Zenner aus Geringswalde
- Zimmererarbeiten: Herr Lindner aus Hermsdorf
- Klempnerarbeiten: Herr Gotthardt aus Geringswalde
- Glaserarbeiten: Herr Winkler aus Kleinmilkau
- Tischlerarbeiten: Herr Kretzschmar aus Kleinmilkau
- Schlosserarbeiten: Herr Börner aus Geringswalde
Am 20. Oktober 1891 fand die abschließende Besichtigung des fertiggestellten Gemeindehauses durch die Mitglieder des Bauausschusses statt. Zwei Tage später zeigte der Gemeindevorstand Robert Günther bei der Königlichen Amtshauptmannschaft Rochlitz die Vollendung des Baus an.
Dem Nachtwächter Andreas Ziesch wurde die Wohnung auf der Morgenseite zur Miete angeboten. Die Miete sollte 30 Mark im Monat betragen. Er bevorzugte jedoch die Stube mit Nebenstube auf der Abendseite. Bei einer Miete von 40 Mark wurde ihm dieser Wunsch erfüllt. Inbegriffen war auch die Nutzung zweier Kammern, eines Kellers sowie der Hälfte des Oberbodens und des Gartens.
Die abschließende Bau-Revision durch einen Vertreter der Amtshauptmannschaft fand am 21. Januar 1892 statt. Die Ingebrauchnahme wurde für zulässig befunden und gestattet.
Die Sachsendorfer Feuerwehr war in der zweiten Häfte des 19. Jahrhunderts eine Pflichtwehr. Die Löschmannschaften bestimmter benachbarter Ortschaften waren in Spritzenverbänden organisiert und nutzten gemeinsam eine größere Feuerspritze. Diese wurde in der Regel von Pferden gezogen. Bei Bränden in Sachsendorf kam die in Döhlen stationierte Spritze zum Einsatz.
Die Einwohner von Sachsendorf besaßen laut eines Verzeichnisses vom 29. Juli 1869 über „die Feuergeräthschaften in Sachsendorf“ je Grundstück einen Feuerhaken, einen Löscheimer und eine Feuerleiter. Zudem gab es eine Handdruckspritze im Ort.
Fast 20 Jahre später, nämlich 1888, schaffte die Gemeinde eine neue Feuerspritze an. Sie sollte, wie im Gemeindeprotokollbuch beschrieben, für den örtlichen Bedarf dienen sowie zum Schieben oder Ziehen ohne Pferde nutzbar sein. Hersteller war der Spritzenfabrikant C.G. Baldauf aus Chemnitz. Gekauft wurden eine Spritze für 825 Mark sowie ein Schlauch mit kupfernem Ausgussrohr für 25 Mark.
Im Jahre 1895 vermerkte der Vorstand im Gemeindeprotokollbuch, dass es nötig sei, an das Gemeindehaus in Sachsendorf einen Spritzenschuppen anzubauen, da für die Spritze sonst kein Raum zur Verfügung stünde. Weil in der Spritzenkasse des Dorfes einiges Geld vorhanden war, wurde beschlossen, für den Anbau an das Gemeindehaus einen Baumeister zu Rate zu ziehen und einen Kostenvoranschlag einzuholen. Sollte der Kassenbestand die Ausgaben decken, könne das Bauvorhaben in Angriff genommen werden.
Wahrscheinlich überstiegen die veranschlagten Kosten damals den Kassenbestand, denn erst Anfang 1901 kam wieder Bewegung in die Sache. Der Gemeindediener und Nachtwächter Andreas Ziesch hatte beantragt, dass ihm im Gemeindehaus ein Raum für sein Handwerkszeug zur Verfügung gestellt werden solle. In der Sitzung vom 7. März 1901 wurde schließlich beschlossen, mit der Planung eines Anbaus an die südlichen Front des Gemeindehauses zu beginnen. Der geschaffene Raum sollte sowohl die Lagerung des Werkzeugs des Gemeindedieners als auch die Unterbringung der Dorffeuerspritze möglich machen. Die Spritze war bisher aus Platzmangel beim Gutsbesitzer Robert Günther untergestellt.
Am 28. März 1901 trat die Gemeinde erneut zusammen. Der Geringswalder Baumeister Voigt war geladen. Er legte eine Bauzeichnung und den Kostenvoranschlag vor. Noch am gleichen Tag schrieb Gemeindevorstand Fürchtegott Kretzschmar ein Baugenehmigungsgesuch an die Königliche Amtshauptmannschaft in Rochlitz, in welchem er die Absicht eines „Feuerspritzen-Anbaus“ an das Gemeindehaus anzeigte. Die benötigte Genehmigung wurde bereits am 3. April 1901 erteilt.
Die Gemeinde Sachsendorf gab die Fertigstellung des Anbaus gegenüber der Behörde schließlich am 25. September 1901 bekannt. Am 20. März des Folgejahres erfolgte die Bauabnahme.
Im April 1901 zog Emil Richter in die zweite Wohnung im Sachsendorfer Gemeindehaus ein. Er zahlte dafür 40 Mark Miete im Monat.
Dank vorhandener Unterlagen aus dem Nachlass des Heimatforschers Werner Junghans, kann er uns heute noch etwas zur diesem Mieter im Gemeindehaus berichten:
„Wer war die Person Emil Richter?
In seinen jüngeren Jahren war er Müllergeselle, u.a. auch in der sogenannten Reinhardt/Bemmann-Mühle [Obstmühle] tätig und bei Bedarf gefragt, um Mühlensteine zu regenerieren.
Er war auch bis ins hohe Alter hinein sehr fleißig und vielseitig einsatzbereit, z.B. Dienstgänge und Instandhaltung von Wegen, Straßen, Bruch und Schlagen von Steinen, Kontrolle von Gräben und Schleusen gemäß dem Anliegen seiner Auftraggeber. In der Erntezeit hat er vielen bäuerlichen Betrieben geholfen. Über all dies hinaus war er sehr kinderfreundlich und besaß auch das Vertrauen und die Zuneigung seitens aller Kinder im Ort. Viele Dinge, Ereignisse aus seinem Leben gab er zur Freude u.a. immer wieder zum besten.
An seinem alten Vers (wie z.B.: „Guten Morgen, Madame! Brauchen’s nix, Madame? Für die Ratt‘ für die Meis‘, brauchens nix Madame?“) den er immer wieder aufsagen musste, erfreuten wir uns alle!
Frau Renate Girrulat war von 1966 bis 1969 sowie von 1979 bis 1993 Bürgermeisterin von Sachsendorf. Sie erinnerte sich daran, dass die Einkaufsmöglichkeit während der DDR-Zeit zuerst bei Schmidtkes neben dem Spritzenhaus war. Dann zog der Konsum in das Gemeindehaus um. 1984 wurde daran noch angebaut, um den Verkaufsraum zu vergrößern. Zur Wende zog das Gemeindeamt vom ehemaligen Gasthof hierher, wo es sich bis zur Eingemeindung (1.1.1994) nach Milkau befand.
Heute gehört das Grundstück der Gemeinde Erlau.
Der Kultur- und Heimatverein Sachsendorf/Theesdorf e.V. nutzt das Gebäude für seine Zusammenkünfte und Veranstaltungen.
Die Räumlichkeiten können für private Feiern angemietet werden. Auch Gemeinderatssitzungen haben hier schon stattgefunden.
Quellen:
Kreisarchiv Mittelsachsen, Standort Wechselburg, Waldstr. 2, 09306 Wechselburg Bestand Bauakten, Nr. 3833 (Zeichnung)
Bauakten Nr. 3833 und 14596 (Zeichnungen) Bestand Gemeinde Sachsendorf, Gemeindeprotokollbuch Sachsendorf 1839-1957
Heimatverein Milkau e.V., Ausschnitt einer Ansichtskarte von Sachsendorf (abgestempelt 1913)
Fam. V. Junghans, 09306 Erlau, OT Sachsendorf