Rittergut Schweikershain

Kurzinfo

Ehemaliges Rittergut Schweikershain

Ritter Kunz von Kaufungen
erhielt 1449 von Kurfürst
Friedrich II. für treue Dienste
im Bruderkrieg das Vorwerk
Schweikershain, das er ihm
1451 nach Streit wieder entzog.
Aus Rache entführte Kunz die
Prinzen Ernst und Albrecht.
Dies erlangte Bekanntheit als
„Altenburger Prinzenraub“.

Detailinformationen

Entstehung und erste Erwähnung

1346

Bereits zu dieser Zeit dürfte es einen Wirtschaftshof gegeben haben, welcher samt Dorf Schweikershain zur Herrschaft Kriebstein gehörte.
(Erwähnung eines „Plebanus“=Priesters in Schweikershain, in einem Matrikel des Bistums Meißen, was allerdings noch nicht eindeutig geklärt ist)

1428

Erste urkundlich nachweisbare Benennung von Schweikershain im
CODEX DIPLOMATICUS SAXONIAE REGIAE
„Item feria quarta post Palmarum praepositus Czillensis praesentavit collectas petivas de plebanis et ecclesis infra scriptis, primo plebanus in Rochsperg II flor. ren., item capellanus ipsius II gr.; plebanus in Melin XVI gr. plebanus in Swykirschayn VII gr., plebanus in Hartmannsdorff“
(zu deutsch: „Gleichfalls am 4. Wochentag nach Palmarum (31. März 1428) hat der Kämmerer von Zschillen die von Seelsorgern und Religionsgemeinschaften eingetragen, so der Priester von …, so der Priester von Schweikershain 7 Groschen, so der Priester von Hartmannsdorf …“).

1449

Kunz von Kaufungen erhält von Kurfürst Friedrich II. das Gut, er lässt es ausbauen und lebt hier. Die Kreuzgewölbe im westlichen Teil des Herrenhauses stammen mit großer Wahrscheinlichkeit aus dieser Zeit. Gefallen findet er auch an der Fischwirtschaft des Gutes.
Wegen Streitigkeiten mit dem Kurfürsten wird Kunz 1451 gewaltsam vom Gut entfernt. Dies war der Auslöser zum „Altenburger Prinzenraub“.
Das Gut fällt an die Herrschaft Kriebstein zurück.

1551

Georg von Carlowitz, Besitzer der Herrschaft Kriebstein, stirbt.

historische Ansichtskarte zum Prinzenraub
Kopf des Kunz von Kauffungen am Freiberger Rathaus
Stein auf Obermarkt von Freiberg, wohin der abgeschlagene Kopf des Kunz von Kauffungen nach der Hinrichtung 1455 gerollt sein soll

Eigenständiges Rittergut

1561

Der Besitz wird unter den vier Söhnen geteilt.
Wolf von Carlowitz erhält des Gut Schweikershain mit der Stadt Hartha, den Dörfern Schweikershain, Arras, Dietenhain, Holzhausen, Ober-Crossen, Steina, Saalbach und den Gerichten und Zinsen zu Pischwitz.
Er lässt das Gut ausbauen, insbesondere das Herrenhaus, welches um mehr als ein Drittel vergrößert wird. Die westlichen Gewölbeteile des Erdgeschosses aus dem 15. Jahrhundert werden in das neue und größere Herrenhaus integriert.
Der  Neubau/ Anbau wird in der Formensprache der  Renaissance gestaltet. Der Anbau erhält eine volle Unterkellerung.

1593

Georg Willhelm von Berbisdorf erwirbt das Rittergut.

1618-1648

Das Gut wird im 30jährigen Krieg stark verwüstet. Welche Schäden genau verursacht wurden, lässt sich nicht ermitteln.

1649

Maria Elisabeth von Kreutz kauft das verwüstete Rittergut und lässt es zum Teil neu errichten oder renovieren.
Dem Zeitgeschmack entsprechend wird das Herrenhaus im Stil des Barock mit den charakteristischen Zimmerfluchten (Enfilade) und Wandbemalungen neu gestaltet.
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird auch die Außengestaltung des Herrenhauses verändert. Die Baugestaltung in der Formensprache der Renaissance geht somit verloren.

1651

Melchior Ehrenfried von Kreutz erbt mit seinen Töchtern Johanne Margarethe von Kospoth und Anne Katharine von Köckeritz das Gut von seiner Gemahlin.

1687

Johanne Margarethe von Kospoth erwirbt den Besitz für sich allein.

1694

Georg Heinrich von Bärenstein erwirbt das Gut. Nach dessen Tod 1705 erbt es seine Gemahlin Hedwig Eleonore von Bärenstein.

1718

Hans Joachim von Wallwitz erwirbt das Gut.
Er lässt aus eigenen Mitteln eine neue Kirche erbauen, ebenso finanziert er zu großen Teilen den Neubau des Pfarrgutes (1719-21).

1751

Georg Reinhard von Wallwitz erbt das Rittergut.
Die wirtschaftlichen und baulichen Gegebenheiten werden unter ihm wesentlich verbessert. Er lässt neue Wirtschaftgebäude und Scheunen errichten, eine Bauzeichnung des so genannten Torhauses (östliches Wirtschaftsgebäude) von 1762 zeugt davon (Abb. 1).
Außerdem werden die Häuslerdörfer Neuwallwitz und Reinhardtstal in Hartha gegründet, die seinen Namen tragen.

Abb 01. Torhaus 1762 (Quelle: Kreisarchiv Mittelsachsen, Standort Wechselburg)
Rittergut Schweikershain mit Umgebung 1799 (Quelle: Ausschnitt aus Sächsischem Meilenblatt 1799 (Berliner Exemplar) Blatt Nr. 121 Aufn.-Nr. df dk 0002138 SLUB Dresden)
Älteste Darstellung des Ritterguts (vor 1810; Bild hing im Original im Pflegeheim, aktuell verschollen)

1835

Gustav von Nostitz-Wallwitz gelangt durch das Erbteil seiner Gemahlin Wilhelmine Albertine Gräfin von Wallwitz in den Besitz des Rittergutes.
1834 erfolgte, auf Zustimmung des Königs, die Zusammenlegung der Namen Nostitz und Wallwitz, da ein Aussterben der Gräflichen Linie von Wallwitz zu befürchten war.

1855

Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit.
Der Rittergutsbesitzer verliert das Recht, Gericht zu halten und Recht über die Einwohner seiner Herrschaft zu sprechen.
Hierzu existierte eine „Gerichtsstube“ auf dem Rittergut, nach derzeitigem Erkenntnisstand befand sich diese im späteren Gärtnereigebäude (Abb. 2).
Das Rittergut steht nunmehr unter der Gerichtsbarkeit des Gerichtsamts Geringswalde.

1858

Oswald von Nostitz-Wallwitz erbt das Rittergut.

Abb 02. Gärtnerei Parkseite (Else Müller, Düsseldorf)

1860

Eine umfassende Bautätigkeit setzt ein.
(Zur Orientierung steht der Lageplan der Gebäude Abb. 3 zur Verfügung)

Der Haupthof, (Abb. 12/ 13/ 14)

Das Herrenhaus wird ab 1862 stark umgebaut. So werden die Kreuzgewölbe des großen Speisezimmers und des Gartenzimmers im Erdgeschoß herausgebrochen und durch geputzte Decken ersetzt. Eine neue „Prunktreppe“ (Abb. 4) wird eingebaut sowie diverse Räume des Hauses neu angelegt oder umgestaltet (Abb. 5-8).

Ebenso wird die Fassade neu gestaltet, die Parkseite erhält eine Gliederung durch ein Gurtgesims und verschiedene Putzflächen, die Hofseite zusätzlich einen Mittelresalit mit spitzem Giebelaufsatz und einen Balkon (Abb. 9).

Das vormalige Gerichtsgebäude wird ab 1866 zu einer Gärtnerei mit Wohnraum für den Gärtner umgebaut. Es entsteht darin auch ein großes Waschhaus und ein Platz für die Mangel. Am Südgiebel des Gebäudes wird ein beheizbares Gewächshaus angebaut.

Weiterhin entsteht ein Zugang zum Park mit schmiedeeisernem Tor (Abb. 11).

Zwischen dem Herrenhaus und dem westlichen Wirtschaftsgebäude (Kuhstall, Pächterwohnung) wird ein Neubau errichtet. In ihm entstehen fünf Gästezimmer im Obergeschoß, Wirtschaftsräume im Erdgeschoß sowie einen großer Milchkeller.

Interessant hierbei ist die Tatsache, dass der Neubau nur mit dem Wirtschaftsgebäude direkt verbunden ist. Zum Herrenhaus hin existiert eine Art überdachte Brücke, unter dieser befand sich wiederum der Zugang zum Park. So blieb das Herrenhaus als Dominante zu erkennen.

Die dem Herrenhaus gegenüber stehende, 1868 abgebrannte Hauptscheune wird um ca. 20 Meter in Richtung Norden versetzt, wieder aufgebaut. Die Größe des Haupthofes beläuft sich somit auf ca. 4200 qm.

Abb 03. Lageplan (Zeichnung Matthias Pudollek)
Abb 04. Großes Treppenhaus (Else Müller, Düsseldorf)
Informationen zum Brand 1868 (Mittweidaer Tageblatt vom 02.05.1868)
Abb 05. Küche Herrenhaus (Else Müller, Düsseldorf)
Abb 06. EG Großes Speisezimmer (Else Müller, Düsseldorf)
Abb 07. EG Gartenzimmer (Else Müller, Düsseldorf)
Abb 08. OG Großer Salon (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 09. Herrenhaus Hofseite (Else Müller, Düsseldorf)
Abb 10. Springbrunnen (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 11. Zugang zum Park (Else Müller, Düsseldorf)
Abb 12. Haupthof mit Hauptscheune (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 13. Hofeinfahrt Haupthof (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 14. Wirtschaftsgebäude West (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)

Der Park

Der am Herrenhaus gelegene Park, welchem eine französische Gartenanlage zu Grunde lag, wird in einen englischen Park umgestaltet. Im Zuge diese Maßnahme wird die Fläche terrassiert und zu der bereits vorhandenen oberen Mauer eine weitere zum Teich errichtet. Auch ein Springbrunnen wird angelegt (Abb. 10).

Der Brennereihof  (Abb. 15)

Ein weiterer Hof, der Brennereihof, wird hinter dem östlichen Wirtschaftsgebäude (Maierei, Pferdestall) mit Wirtschaftsgebäuden, Ochsenstall, Wagenremise und Einfriedung errichtet. An das bereits bestehende Wirtschaftsgebäude wird eine Brennerei samt ca. 20 m hohem Schornstein angebaut (Abb. 13).

Der Brauereihof (Abb. 16)

Der dritte Hof, der Brauereihof, erhält zu dem aus dem 18. Jahrhundert stammenden Brauereigebäude einen Anbau für Lager und Trockenflächen sowie Räume für die Böttcherei, außerdem eine Wagenremise.

Weiterhin zum Rittergut gehören die Mühle mit Sägemühle, die Schäferei, die Försterei, das Fischhaus mit den Teichen, die Feldscheune, die Kohlung, die Insel (Parkanlage am Bahnhof Schweikershain) sowie diverse Häusler-Häuser von denen aber die meisten durch Ihre Bewohner „abgelößt“/ erworben wurden.

Seine größte Ausdehnung erfährt das Rittergut jetzt mit zirka 330 ha Land, davon etwa 100 ha Wald (Abb. 17).

Abb 15. Brennereihof (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 16. Brauereihof (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 17. Lageplan des Ritterguts bis 1945 (Zeichnung Matthias Pudollek)

1885

Karl-Neale von Nostitz-Wallwitz (Abb.  18/ 19) erbt das Rittergut. Unter ihm wird das Wirtschaftsteil des Gutes verpachtet. Das Herrenhaus bewohnte weiterhin die Familie von Nostitz-Wallwitz.

1920

Der bisher selbstständige Rittergutsbezirk wird mit dem Dorf Schweikershain zusammengelegt.

1930

In den folgenden Jahren werden in verschiedene Wirtschaftsgebäude Landarbeiterwohnungen eingebaut, so auch in die nicht mehr als solche genutzte Brauerei.

1939

Hertwig von Nostitz-Wallwitz erbt das Rittergut und übernimmt die Bewirtschaftung selbst, mit Hilfe eines Verwalters.
Auch wenn das Verhältnis der Einwohner zu Ihrem „Herren“ insbesondere zur Zeit der Leibeigenschaft, nicht immer einfach war, wovon viele Gerichtsakten berichten, hatten doch durch die Bewirtschaftung des Gutes durch Pächter, Verwalter oder in Verantwortung des jeweiligen Besitzers große Teile der Einwohner Schweikershains ihr Auskommen, ob durch Anstellung oder Tagelöhnerei (Abb.  20-24).

Abb 18. Karl-Neale und Irene v.N.-W. 1935 (Else Müller, Düsseldorf)
Abb 19. Familie, Pächter, Angestellte (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 20. Getreideernte (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 21. Viehtrieb (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 22. Herr Kühn mit seinem Gespann (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 23. Kurt Rüger auf dem Bulldog (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Abb 24. Kälber vor dem Grasschuppen (Jörg von Nostitz-Wallwitz, Göttingen)
Foto Rittergut Schweikershain (ca. 1935)

1945

Nach dem Ende des II. Weltkrieges wurde im Zuge der in der sowjetischen Besatzungszone durchgeführten Bodenreformverordnung vom 10.9.1945, die Familie von Nostitz-Wallwitz, entschädigungslos enteignet. Die verbliebenen Familienmitglieder wurden dann am 22. Oktober aus Schweikershain deportiert.
Das ehemalige Herrenhaus ist nun für kurze Zeit Sitz der sowjetischen Kommandantur in Schweikershain. Leider kam es durch Soldaten und einige Dorfbewohner zu Plünderungen insbesondere im Herrenhaus. So wurden unter anderem Teile des Rittergutsarchivs und Teile der reichhaltigen und wertvollen Bibliothek vernichtet sowie Mobiliar entwendet oder ebenfalls vernichtet.
Ein Teil der großen Gemäldesammlung wurde glücklicherweise sichergestellt und ist unter anderem auf der Burg Kriebstein zu sehen.
Der Grundbesitz wurde zerschlagen und an landlose und besitzlose Umsiedler, Neubauern und Kleinbauern verteilt.
Der in sich geschlossene Guts-Charakter wird durch Umbauten und Abbruchmaßnahmen an fast allen Gebäuden stark aufgebrochen, nicht zuletzt durch die Verlegung der Dorfstraße, durch den ehemaligen Haupthof und den Brennereihof.

1947

Im ehemaligen Herrenhaus und dem westlichen Wirtschaftsgebäude wird ein Erholungsheim für an Tuberkulose erkrankte Menschen eingerichtet. Vor allem sind von dieser schlimmen Krankheit aus Krieg und Gefangenschaft zurückgekehrte Soldaten und ausgehungerte Menschen betroffen.

1961

Von nun an beherbergen die beiden Gebäude ein Alten- und Pflegeheim.

hist. Ansichtskarte des TBC-Heims Schweikershain (um 1950)
Hofansicht auf hist. Ansichtskarte
Schweikershain Schloss (historische Ansichtskarte um 1938)

Quellen:

  • CODEX DIPLOMATICUS SAXONIAE REGIAE
    (Zweiter Hauptteil, III. Band, S.115, Nr.924, Leipzig 1867). (Urkundenbuch des Hochstifts zu Meißen.)
  • Neue Sächsische Kirchengalerie , Walter Rost, 1900
  • Hauptstaatsarchiv Dresden , LRS MdI 39732,
  • Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreich Sachsen, Amtshauptmannschaft Döbeln, Cornelius Gurlitt
  • Chronik zum Heimatfest 1968, Johannes Benndorf
  • Kreisarchiv Mittelsachsen, Standort Wechselburg
  • Erinnerungen von Otto von Hoenning O’Carroll in „Schloss Rochlitz und die Sowjetische Geheimpolizei“, Udo Baumbach, Sax-Verlag Beucha 2014, S. 230f.