Rittergut Kleinmilkau

Kurzinfo

Gelände des ehemaligen
Rittergutes Kleinmilkau

Das Herrenhaus und ein Großteil des
Gutskomplexes wurden im Zuge
der Bodenreform abgerissen
und als Baumaterial für die
Neubauernstellen der Umgebung
verwendet. Im verbliebenen
Wirtschaftsgebäude befinden sich
heute Wohnungen und eine Firma.
Die ehemalige Brennerei wird als
Vereinshaus mit “Heimatstube” genutzt.

Detailinformationen

Das Rittergut Kleinmilkau

ist zweifellos nach dem Rittergut Großmilkau entstanden.

Da das Rittergut Kleinmilkau flächenmäßig kleiner war als das Rittergut Großmilkau, bekam es den amtlichen Namen „milcowe parvum“(lat.)=das kleine Milkau, während das ältere Rittergut „milcowe magnum“(lat.)=das größere Milkau bezeichnet wurde. So bekamen die Orte Ihre Namen und so werden sie auch heute noch genannt. Der Grund ist die Verschiedenheit der damaligen Herrensitze. Diese waren für viele Einwohner, Häusler und Handwerker im Dorfe Arbeitgeber für Lohn und Brot. Von Arbeitslosigkeit ist aus der Zeit der Rittergüter nichts bekannt.

Dorf und Rittergut Kleinmilkau im Sächs. Meilenblatt (Quelle: Ausschnitt aus Sächsischem Meilenblatt (Berliner Exemplar) Blatt Nr. 121 Aufn.-Nr. df dk 0002121 SLUB Dresden, Deutsche Fotothek)
Ausschnitt bunte Lithographie aus „Album der Rittergüter und Schlösser im Königreich Sachsen um 1860“
Herrenhaus Kleinmilkau
Rittergut Kleinmilkau

Die Besitzer von Kleinmilkau, soweit deren Grabsteine auf dem Friedhof erhalten sind:

  • 1833 kaufte der Ökonomierat Johann Gottfried Rose aus Penig das Gut. Die umfangreiche Kaufakte mit den Herren von Nitzschwitz auf Königsfeld bei Rochlitz ist erhalten geblieben. Der Grabstein aus Gußeisen befindet sich an der Nordseite der Kirche. Roses Tochter war mit Franz, dem weiteren Besitzer verheiratet, welcher am 07. Februar 1880 starb. Der Grabstein seiner Frau befindet sich in der Nordwestecke der Kirche.
  • 1880 erwarb das Gut Kaufherr und Fabrikant Alfred Winkler aus Rochlitz, er verstarb 1911. Der Leichenstein befindet sich über der Gruft in der Nordwestecke der Kirche.
  • Ab 1911 übernahm sein Sohn, der Rechtsanwalt und Notar Dr. Willy Winkler das Rittergut.

Am 06. August 1921, vormittags 9.30 Uhr, entstand beim Betrieb der Dreschmaschine durch Funkenflug der Lokomobile Feuer im Stroh, das sich rasch ausbreitete und 3 Scheunen vernichtete.

Grabstein von Alfred Winkler und Ehefrau, ehemals Rittergutsbesitzer von Klein- und Großmilkau
Gemälde des Ritterguts (Franz Schreyer 1915)
Hofeinfahrt an der Ostseite des Rittergutes vor dem Brand von 1909 (Quelle: SLUB Dresden/Deutsche Fotothek, unbekannter Fotograf, Aufnahme-Nr. df_hauptkatalog_0351727)
Zeichnung des Herrenhauses
historische Ansichtskarte
Luftbild von Kleinmilkau um 1925
Blick auf das Rittergut Kleinmilkau

Danach wurde eine große Scheune mit Balkenauffahrten errichtet. Aber es waren die Jahre der Geldentwertung. Um die anstehenden hohen Bauschulden zu begleichen und dem Gutsverkauf zu entgehen, verkaufte Dr. Winkler u.a. große Flächen guten Ackerlandes. Für ihn, seine Frau und seine 2 Töchter begann eine sorgenvolle und unruhige Zeit.

Familie Winkler musste 1945 die Enteignung ihres gesamten Gutes und privaten Vermögens erleben. In dieser Zeit verstarb Dr. Winkler, nachdem seine Tochter Ruth 1943 in die Ewigkeit vorausgegangen war.

Frau Winkler, ihre verwitwete Tochter Lieselotte und deren beiden kleinen Töchter Ulla und Gudrun wurden kurz vor Weihnachten 1945 aus Kleinmilkau verwiesen.

Sie wurden völlig mittellos bei einer Bekannten in Rochlitz aufgenommen und mussten in einer Kammer zusammen leben.

Zufahrt zum Rittergut Kleinmilkau
nach dem Abriss des Herrenhauses ca. 1948, im Hintergrund die ehemalige Brennerei

Wie ging es 1946 weiter? Gerhard Reichel erinnert sich:

Das Ackerland wurde an landarme, ansässige Wirtschaftsbesitzer verteilt, ebenso an Flüchtlingsfamilien aus Schlesien und Ostpreußen, welche in den Häusern im Ort mit deren Bewohnern sehr beengt zusammenleben mussten. Die Neuanfänger – jetzt Neubauern genannt – bekamen 5-6 ha Ackerland zugeteilt, als Eigentum.

Ebenso verteilte man die Waldflächen in kleine Parzellen an Neubauern sowie ansässige Haus- und Feldbesitzer auf. Damit die Neubauern wirtschaften konnten, war ihnen ein Neubau mit bescheidener Wohnung, Stall- und Bergeraum zugedacht. Das dazu benötigte Baumaterial war aber nicht vorhanden. Zu dessen Beschaffung wurden die Gutsgebäude teilweise abgerissen. In Kleinmilkau betraf dies 3 Hauptgebäude:

  • Das Wohnhaus, Herrenhaus genannt, es erfolgte ein restloser Abriss und die Beräumung des Schuttes. Nur die Außenmauer um den dahinter befindlichen Park blieb stehen und ist heute noch zu sehen.
  • Die Ostseite des Gutshofes, die 1920 abgebrannte und danach neuerrichtete Scheune mit Auf- und Abfahrtsstraße, einen Dachreiter als Turm mit 4 Zifferblättern und 2 Schlagglocken. Es erfolgte ein fast restloser Abriss bis auf die Betonauffahrt.
  • Das unterkellerte Wirtschaftsgebäude an der Südseite. Im Erdgeschoß waren die Pferdeställe mit Geschirrkammer, über dem Keller befanden sich Schuppen für Ackergeräte, Ackerengen und Kutschen zur Beförderung des herrschaftlichen Personals.

In der 1. Etage befanden sich Wohnkammern für Kutscher und Arbeiter, über den Pferdeställen, Getreide- und Heuboden.

In meiner Erinnerung hier das Bild im Jahre 1946:

Walter Nitzsche aus Kleinmilkau aus dem Haus am Teich (heute Lerch) sitzt auf dem First des mit roten Dachziegeln bedeckten Wirtschaftsgebäudes und begann mit dem Ablesen der Dachziegel des sehr großen Daches. Ich konnte es in den bisher gelebten Jahren nicht vergessen. Die Dachsteine fanden als neue Bedeckung der Neubauernhäuser in der langen Schafgasse Verwendung. Das erste Neubauernhaus erhielt der ehemalige Gutsschweizer Max Kurze.

Der o.g. große mit Ziegelgewölbe ausgestatte Keller diente zur Aufbewahrung von Kartoffeln, Futterrüben und anderen Hackfrüchten. Die spätere LPG nutzte diesen ebenfalls. Er ist heute noch vorhanden und begehbar. Wer hinabsteigt, staunt über seine Größe.

Zur Amtszeit des Milkauer Bürgermeisters Manfred Wolff, kam die Idee auf, diesen Keller wieder als Weinkeller zu nutzen. Es blieb jedoch aus bautechnischen Gründen bei dieser Idee.

Das Gebäude an der Nordseite des Gutshofes enthielt parterre den Kuhstall mit Milchhaus. Darüber waren die Wohnungen des Gutsinspektors und des Melkermeisters. Der Stall wurde von der LPG weitergenutzt. Später errichtete man für die Rinderhaltung den großen Stall und das Kälberstallgebäude am Großmilkauer Berg. So wurde der Kuhstall am Gutshof frei für die Nutzung zu anderen Zwecken.

In den darüber liegenden Räumen entstand die Wohnung des LPG-Vorsitzenden Hans Müller und Familie, weiter die Büroräume der LPG. Den Ostteil des Gebäudes bildete das Neubauanwesen von Familie Emil Gailat aus Ostpreußen.

Heute sind diese Gebäude Privatbesitz der Familie Müller bzw. Firmengebäude der Firma Goller.

Das kleinste Gutshofgebäude, heute das Milkauer Vereinshaus, hat eine bewegte Geschichte erlebt:

Bis 1945 war darin die sogenannte Brennerei untergebracht, wo aus Kartoffeln Branntwein hergestellt wurde, eine allgemein gute Einnahmequelle für die Gutswirtschaft.

Später wurde in der Einwohnerschaft der Wunsch nach Arztsprechstunden geäußert, auch ein Erntekindergarten war nötig. Das Haus beherbergte im Untergeschoss den Kindergarten, der Park bot den Kindern gute Bedingungen. Im südlichen Obergeschoss hielten der Geringswalder Arzt Dr. Ehrlich, später SR. Hans Hunger und der Zahnarzt Dr. Kormann ihre Sprechstunden ab, bis sie 1967 in das neu errichtete Ambulatorium umziehen konnten.

Bis zum Umzug 1990 in das Gebäude der Milkauer Kinderkrippe blieb der Kindergarten in diesem Haus. Übergangsweise bis zum heutigen Umbau waren Schulklassen oder auch die Milkauer Sparkasse hier untergebracht, ebenso die Milkauer Modelleisenbahnfreunde, die auch heute, gemeinsam mit den Milkauer Heimatverein das Vereinshaus bereichern.

Umnutzung der ehem. Brennerei zum Kindergarten (1960) Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-72952-0003 / Fotograf: Gahlbeck, Friedrich
Vereinshaus auf dem ehem. Rittergutgelände mit Sitz des Milkauer Heimatvereins