Die Kapelle bei Zschauitz

Unweit von dieser Stelle auf dem Feld stand im Spätmittelalter die sagenumwobene

St. Leonhard-Kapelle.

Nach dem Brand der Kirche in Großmilkau im Jahr 1616 wurden zu deren Wiederaufbau Holz und Steine dieser damals schon verfallenen Kapelle dorthin gebracht.

Detailinformationen

Im Buch „Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen“, welches 1855 erstmals erschien, ist eine Sage über „Die wüste Kirche bei Rochlitz“ nachzulesen. Sie soll auf einem Acker bei Zschauitz gestanden haben. In einer weiteren Sage („Der Geist im Forsthause zu Colditz“) im gleichen Buche wird die „Leonhardskirche bei Seelitz“ ebenfalls erwähnt. Möglicherweise handelt es sich dabei um ein und das selbe Objekt.

Richard Schrader, Lehrer an der Naundorfer Schule und Heimatforscher schrieb in seiner 1910 veröffentlichten Chronik und zitiert dabei aus Akten des Hauptstaatsarchives in Dresden:

„1537 hat Herzog Georg zu Sachsen Hiernymo v. Milkaw 16 gl. auf einem Manne zu Schawitz, u. 2 Mann in diesem Dorfe, welche dem Pfarrherrn zu Milkaw mit Zinsen und Diensten gehören, über die aber der älteste v. Milkaw ein Lehnherr ist, zur Mannlehe geliehen.“

„27. Apr. 1592 wird Zschauitz nebst anderen Orten der Witwe des Kurfürsten Christians I. Zu Sachsen, Sophie, angewiesen.“

„Auf dem Felde des einen zu den Gerichten des Geschlechtsältesten von Milkau gehörigen Guths zu Zschauitz stehet noch (um 1783) einiges Gemäuer von einer Kapelle Sti. Leonhardi, deren Alter und Ursprung ungewiß ist, und von vielen für die älteste in hiesiger Gegend gehalten wird“

Schrader gibt in seiner Schrift von 1910 unter den Flurnamen um Zschauitz den „Kapellenacker“ an, ohne ihn jedoch genau zu lokalisieren. Auch im Gemeindesiegel von Zschauitz habe sich 1910 noch die Kapelle befunden. Seiner Meinung nach gehört jedoch die Geschichte von der Verlegung der Kapelle nach Gepülzig ins Reich der Fabel. Die dortige Rittergutskapelle ist auch dem Heiligen Leonhard gewidmet.

Dass die Zschauitzer Kapelle nicht ins Reich der Sagen gehört, ist durch noch vorhandene Akten bewiesen. Eine sei dabei besonders hervorzuheben. Sie befindet sich im Staatsarchiv Leipzig und belegt den Schriftwechsel vom Jahre 1616 zwischen Jahn von Milckau auf Gepülzig, Hans Elias von Milckau auf Großbardau, George Christoph von Milckau auf Kleinmilkau und Gottfried von Milckau auf Großmilkau auf der einen Seite und der Herzogin Sophie von Sachsen, Witwe des Kurfürsten Christian I. andererseits. Die Herren von Milckau baten darum, Holz und Steine von der wüsten Kapelle bei Zschauitz abtragen und für den Wiederaufbau der Großmilkauer Kirche verwenden zu dürfen. Das wurde bewilligt.

Viele historische Quellen berichten von der Kapelle, so dass ihre Existenz nicht angezweifelt wird. In einigen Schriften wird vermutet, dass sie eine Wallfahrtskirche gewesen sein muss. Vermutlich verlor sie jedoch spätestens mit der Einführung der Reformation im Rochlitzer Raum an Bedeutung.

Im Repertorium Saxonicum ist nachzulesen, in welcher Form sich die Gemeinden im Kriegsfall an einem Feldzug zu beteiligen hatte. Das Amt Rochlitz hatte die Pflicht, acht Heerwagen bereit zu halten. In der 2. Hälfte des 16. Jhd. war ein Heerwagen in der ehemaligen Zschauitzer Kapelle untergebracht gewesen.

Karte von 1757 mit Kapelle Zschauitz und Kirche Großmilkau sowie der Leonhardskapelle in Gepülzig
Deckblatt der Akte von 1616 aus dem Staatsarchiv Leipzig, Bestand 20017 Amt Rochlitz Nr. 187
Luftbild Zschauitz Mai 2023 (Frank Ranft); der Pfeil zeigt den Standort des Schildes, der genaue Standort der Kapelle ist nach wie vor unbekannt

Quellen:

„Unsere Heimat – Grundriß einer Heimatkunde der Parochien Großmilkau und Crossen und des Schulbezirks Zetteritz“ von Rochard Schrader, Naundorf 1910, Sonderabdruck aus dem Rochlitzer Tageblatt

Karte 1757 Foto: 2007/2009 Aufn.-Nr.: df_dk_0002767 Datensatz (color) Eigentümer: SLUB / Deutsche Fotothek

Staatsarchiv Leipzig, Bestand 20017 Amt Rochlitz, Nr. 187

„Witwenschaft in der frühen Neuzeit“; Herausgeberin Martina Schattkowsky, Leipziger Univeritätsverlag 2003 , Beitrag: Burg, Herrschaft und Amt Rochlitz im Mittelalter. Historische Entwicklung und herrschaftliche Strukturen einer spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen wettinischen Nebenresidenz (Witwensitz). Thieme, André. S. 35-64

Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, erschienen 1874, Hist.Sax.A.395.a-1, SLUB Dresden 400364336, http://digital.slub-dresden.de/id400364336